Dass die genannten Entscheidungen des BGH für Verbraucherkreditverträge ergangen sind, der Beklagte aber als Unternehmer im Sinne von § 14 BGB anzusehen ist, bedeutet nicht die Unwendbarkeit der maßgeblichen Erwägungen des BGH in den genannten Urteilen vom 13.05.2014. Denn § 307 BGB gilt auch für die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber einem Unternehmer (Palandt/Grünberg, BGB, 74. Aufl., § 307 Rn. 38).

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Landgericht Hannover
Urteil vom 04.06.2015
3 O 354/14

 

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 30.000,00 € nebst Zinsen aus Teilbeträgen von jeweils 10.000,00 € in Höhe von 4 % seit dem 10.03.2009 bi szum 15.01.2015, in Höhe weiterer 4 % seit dem 01.09.2009 bis zum 15.01.2015 und in Höhe weiterer  4 % seit dem 18.05.2010 bis zum 15.01.2015 sowie aus dem Gesamtbetrag in Höhe von 30.000,00 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 16.01.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand


Der Kläger verlangt Rückzahlung von Bearbeitungsentgelt in Höhe von insgesamt 30.000,00 €.
Der Kläger verfügt über ein Immobilienvermögen, welches durch eine dafür vom Kläger gegründete GmbH verwaltet wird. Zur Finanzierung von Wohn-/Geschäftshäusern und Mehrfamilienhausanlagen hat der Kläger bei der Beklagten Darlehen aufgenommen und zwar mit Vertrag vom 10.03.2009 über eine Darlehenssumme von 6 Mio. Euro, mit Vertrag vom 26.08.2009 über eine Darlehenssumme von 10 Mio. Euro und mit Vertrag vom 07.05.2010 über eine Darlehenssumme von 5,8 Mio. Euro. In den Verträgen ist jeweils ein „Bearbeitungsentgelt für Vertragsschluss“ in Höhe von 10.000,00 € vereinbart.


Mit der Klage begehrt der Kläger Rückzahlung dieses Bearbeitungsentgelts in Höhe von insgesamt 30.000,00 € gestützt auf die Entscheidung des BGH vom 13.05.2014 (SI ZR 170/13 und XI ZR 404/12).
Der Kläger trägt vor, die Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts in den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensverträgen sei gemäß § 307 BGB unwirksam. Er sei Verbraucher, da er sein Privatvermögen, für welches die Darlehen aufgenommen seien, verwalte. § 307 BGB sei aber auch auf Verträge mit einem Unternehmer anwendbar. Die Vereinbarung über die Bearbeitungsentgelte seien von der Beklagten vorgegebene allgemeine Geschäftsbedingungen, durch die er unangemessen benachteiligt werde. Verjährung seines geltend gemachten Anspruchs sei nicht eingetreten.

Der Kläger beantragt,
    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 30.000,00 € nebst Zinsen aus Teilbeträgen von jeweils 10.000,00 € in Höhe von 4 % seit dem 10.03.2009 bis zum 15.01.2015, in Höhe weiterer 4 % seit dem 01.09.2009 bis zum 15.01.2015 und in Höhe weiterer 4 % seit dem 18.05.2010 bis zum 15.01.2015 sowie aus dem Gesamtbetrag in Höhe von 30.000,00 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 16.01.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

Sie wendet ein, der Kläger sei Unternehmer. Die Rechtsprechung des BGH in den Urteilen vom 13.05.2014 beziehe sich auf Darlehensverträge mit Verbrauchern und sei auf Darlehensverträge mit Unternehmern nicht zu übertragen. Die Bearbeitungsentgelte seien in den streitgegenständlichen Verträgen auch nicht in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart worden. In Darlehensverträgen, die vor den streitgegenständlichen Darlehensverträgen mit dem Kläger geschlossen worden seien, seinen Bearbeitungsentgelte nicht erhoben worden. Die Beklagte habe das Bearbeitungsentgelt dem individuell entstandenen Aufwand angepasst. Änderungsbedarf habe der Kläger bei den Vertragsverhandlungen nicht angezeigt.


Angesichts des Inhalts der Darlehensverträge liege keine Preisnebenabrede vor, sondern eine nicht kontrollfähige Preishauptabrede, da der Referenzzinssatz „EURIBOR“ vereinbart sei und eine jederzeitige Rückzahlungsmöglichkeit für den Kläger bestanden habe.

Selbst durch eine Preisnebenabrede würde der Kläger als erfahrener Darlehensnehmer nicht unangemessen benachteiligt. Die Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts entspreche der Branchenüblichkeit. Hinsichtlich der vom Kläger begehrten Zinsen seien von der Beklagten geringere Nutzungen gezogen worden, wie sich aus den Zinssätzen der mit dem Kläger geschlossenen Darlehensverträge ergäbe.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe


Die zulässige Klage hat in vollem Umfang Erfolg.
Der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der an die Beklagte geleisteten Bearbeitungsentgelte in Höhe von insgesamt 30.000,00 € besteht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Die Leistung der Bearbeitungsentgelte an die Beklagte erfolgte ohne Rechtsgrund, da die Vereinbarung über das Bearbeitungsentgelt in den zwischen den Parteien zustande gekommenen Darlehensverträgen gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sind.
Bei den Vertragsklauseln betreffend das Bearbeitungsentgelt handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen.


Diese sind von der Beklagten vorformuliert, da die Vertragsklauseln über das Bearbeitungsentgelt gleichförmig in die drei Darlehensverträge von der Beklagten aufgenommen worden sein. Dieses spricht für eine mehrfache Verwendung der Vertragsklauseln.


Die Bestimmungen über das Bearbeitungsentgelt sind auch von der Beklagten gestellt worden. Die Beklagte hat die Vertragsklauseln in die von ihr formulierten Verträge aufgenommen und es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte dem Kläger tatsächlich Gelegenheit zur Abänderung der Vereinbarung über das Bearbeitungsentgelt gegeben hätte. Soweit die Beklagte hierzu vorträgt, der Kläger habe keinen Änderungsbedarf angezeigt, spricht dieses nicht gegen eine Gestellung der Klausel. Vielmehr ist aus diesem Vortrag ersichtlich, dass die Parteien über diesen Vertragspunkt nicht verhandelt haben und deshalb die Bestimmungen über die Bearbeitungsentgelte auch nicht individuell verhandelt worden sind.


Die Bestimmungen über die Bearbeitungsentgelte halten der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand.
Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei den Regelungen über die Bearbeitungsentgelte nicht um eine der Inhaltskontrolle entzogene Preishauptabrede, sondern um eine kontrollfähige Preisnebenabrede. Dieses ergibt sich aus der Entscheidung des BGH vom 13.05.2014 (XI ZR 170/13), die den Parteien bekannt ist und auf die die Kamer zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt.


Die Bestimmungen über das Bearbeitungsentgelt sind unwirksam, weil die Erhebung eines laufzeitabhängigen Entgelts für die Bearbeitung eines Darlehens mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(BGH a. a. O. für Verbraucherkreditverträge).


Dass die genannten Entscheidungen des BGH für Verbraucherkreditverträge ergangen sind, der Beklagte aber als Unternehmer im Sinne von § 14 BGB anzusehen ist, bedeutet nicht die Unwendbarkeit der maßgeblichen Erwägungen des BGH in den genannten Urteilen vom 13.05.2014. Denn § 307 BGB gilt auch für die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber einem Unternehmer (Palandt/Grünberg, BGB, 74. Aufl., § 307 Rn. 38). Wenn auch im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern bei der Inhaltskontrolle nicht auf die Schutzbedürftigkeit im Einzelfall, sondern auf eine individuell-generalisierende Betrachtung abzustellen ist, ist zu berücksichtigen, dass der geschäftserfahrene Unternehmer nicht im gleichen Maß schutzbedürftig ist wie ein Verbraucher. Besonderheiten können sich daraus ergeben, dass der Unternehmer Geschäfte der betreffenden Art häufiger abschließt und mit den Risiken des Geschäfts vielfach besser vertraut und zu einer entsprechenden Vorsorge in der Lage ist. Entscheidend sind aber die jeweiligen Umstände des Einzelfalls (Palandt, a. a. O., Rn. 39). Diese Umstände rechtfertigen aber nicht, die grundsätzlichen Erwägungen des Bundesgerichtshofs in den Entscheidungen vom 13.05.2014 nicht auf die streitgegenständlichen Verträge mit dem Kläger zu übertragen.


Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung unvereinbar, wenn der Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt wird, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt. Denn es gehört zu den wesentlichen Grundgedanken des dispositivem Rechts, dass jeder Rechtunterworfene solche Tätigkeiten zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können, Ein Anspruch hierauf besteht nur, wenn dies im Gesetz ausnahmsweise besonders vorgesehen ist. Ist dieses bei Bestimmungen hinsichtlich des Bearbeitungsentgelts nicht der Fall, können anfallende Kosten nicht gesondert in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf den Kunden abgewälzt werden. Derartige Entgeltklauseln stellen eine Abweichung von Rechtsvorschriften dar und sind deshalb grundsätzlich nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (BGH a. a. O.).


Da die Entgeltklauseln danach von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen, wird die unangemessene Benachteiligung indiziert. Im Rahmen der gebotenen umfassenden Interessenabwägung ergeben sich keine ausreichenden Umstände dafür, die streitgegenständlichen Klauseln trotz des Abweichens von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung als angemessen erscheinen lassen. Zwar ist der Kläger als Unternehmer in erheblichem Umfang erfolgreich im Geschäftsleben tätig und dürfte auch hinsichtlich der Aufnahme von Darlehen geschäftserfahren sein, dieses rechtfertigt nach Auffassung der Kammer aber nicht, die Entgeltklauseln trotz ihres Abweichens von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung als angemessen zu beurteilen.

Dieses ergibt sich auch nicht aus bankbetriebswirtschaftlichen Erwägungen. Daraus, dass die Parteien als Referenzzinssatz EURIBOR gewählt haben, ergibt sich weder etwas für noch gegen die Angemessenheit oder Unangemessenheit der Entgeltklauseln. Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass eine frühzeitige Rückzahlungsmöglichkeit hinsichtlich der Darlehensvaluten für den Kläger besteht, lässt dieses die Entgeltklausel nicht als angemessen erscheinen. Denn in den Darlehensverträgen ist jeweils ein extra Bearbeitungsentgelt bei vorzeitiger Rückzahlung vereinbart, so dass davon auszugehen ist, dass damit die Nachteile der Beklagten für eine vorzeitige Rückzahlung der Darlehensvaluten abgegolten sind. Die Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts entspricht auch nicht der Branchenüblichkeit, was sich bereits daraus ergibt, dass nach dem Vorbringen der Beklagten indem zuvor mit dem Kläger abgeschlossenen Darlehensverträgen ein Bearbeitungsentgelt nicht vereinbart ist.


Demzufolge hat die Beklagte dem Kläger die erhaltenen Arbeitsentgelte in Höhe von 30.000,00 € zurück zu gewähren.


Zinsen hat die Beklagte vom Zeitpunkt des Erhalts der Bearbeitungsentgelte bis zur Rechtshängigkeit in Höhe der begehrten 4 % an den Kläger zu zahlen (§ 818 Abs. 1 BGB). Mit dem entsprechenden Zahlungsantrag hat der Kläger inzidenter vorgetragen, die Bearbeitungsentgelte jeweils am 10.03.2009, 01.09.2009 und 18.05.2010 an die Beklagte gezahlt zu haben. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Hinsichtlich der Höhe der dem Kläger zustehenden Zinsen ist zu berücksichtigen, dass bei Zahlungen an eine Bank eine tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz rausgeben muss (BGH vom 10.03.2009, XI ZR 33/09, zitiert nach Juris). Dass die Beklagte Zinsen in dieser Höhe nicht gezogen hat, hat sie nicht ausreichend dargetan.


Der Anspruch des Klägers ist nicht verjährt. Dies ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28.10.2014 – XI ZR 348/13 -, die den Parteien bekannt ist und auf die die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt. Nach dieser Entscheidung begann für Rückforderungsansprüche wegen unwirksam formularmäßig vereinbarter Bearbeitungsentgelte in Verbraucherdarlehensverträgen nach § 488 BGB die kenntnisabhängige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 1 BGB erst mit Schluss des Jahres 2011 zu laufen. Zuvor war einzelnen Darlehensnehmern die Erhebung einer Rückforderungsklage nicht zumutbar. Diese Erwägungen gelten auch zu Gunsten des Klägers als Unternehmer. Nach dem genannten Urteil des BGH war wegen zuvor unsicherer und zweifelhafter Rechtslage einzelnen Darlehensnehmern die Erhebung einer Rückforderungsklage wegen zu Unrecht geforderter Bearbeitungsentgelte nicht vor dem Jahr 2011 zumutbar. Dass für Unternehmer die Rechtslage hinsichtlich Rückforderung von Bearbeitungsentgelten nicht vergleichbar wie für einen Verbraucher unsicher oder zweifelhaft war, ist weder ausreichend vorgetragen nicht ersichtlich.

Damit war bei Eingang der Klage am 17.12.2014 bei Gericht die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen. Mit Zustellung der Klage ist die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen. Mit Zustellung der Klage ist die Verjährungsfrist gehemmt worden (§ 204 Abs. 1, Nr. BGB). Gemäß § 167 ZPO wirkt die Zustellung der Klage auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung zurück, da die Zustellung der Klage nach Einforderung der Gerichtskosten mit Gerichtskostenrechnung vom 29.12.2014, Einzahlung der Gerichtsgebühren am 08.01.2015 und Terminverfügung vom 13.01.2015 am 16.01.2015 demnächst im Sinne von § 167 ZPO erfolgt ist.
Der weitergehende Zinsanspruch des Klägers ist aus dem Gesichtspunkt der Prozesszinsen gerechtfertigt (§§ 288, 291 BGB).
Demgemäß war der Klage mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.